Sammelpunkte des Widerstands gegen die Gewalttaten des Kapitals

Schaffen wir die Voraussetzungen für den Klassenkampf in den DGB-Gewerkschaften!

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Stellungnahme der Zentralen Leitung der Kommunistischen Organisation zum 1. Mai 2023

Es gibt mehr als genug Gründe, wütend zu sein und die Wut auf die Straße zu tragen. Die Imperialisten führen die Welt in immer neue Kriege: im Yemen, im Sudan, und in der Ukraine. Die Lebensgrundlagen von Millionen von Menschen weltweit werden kontinuierlich untergraben durch die verheerenden Folgen des Klimawandels, durch Dürren, Überschwemmungen, Wirbelstürme. Von der Arbeiterbewegung erkämpfte Errungenschaften wie der 8-Stundentag und das Streikrecht werden frontal angegriffen, während Milliardäre weitere Milliarden anhäufen. Auch in den imperialistischen Zentren wird das Leben härter. In den USA sterben 80.000 Menschen pro Jahr an einer Überdosis, in der BRD sind mehrere hunderttausend Menschen obdachlos, Millionen Menschen können Miete, Energiekosten, Essen nicht mehr bezahlen. Die Fassade des Systems ist gewaltig am bröckeln.

Die Klassenkämpfe kommen vor allem in Deutschland trotzdem nur langsam in Bewegung. Meistens in den Bereichen von Produktion und Reproduktion: Arbeitsstunden, Rentenhöhe, Kinderbetreuung, Arbeitslosengeld. Es sind klassische Kampffelder der Gewerkschaften, die ja schließlich die Tarifauseinandersetzungen führen, zum Streik aufrufen, die Millionen von Arbeitern organisieren.

Langsam setzt sich die Erkenntnis auch unter uns Kommunistinnen und Kommunisten wieder durch, dass wir diese Kämpfe nicht ignorieren dürfen, sondern Strukturen aufbauen müssen, um in ihnen unsere historische Avantgarderolle spielen zu können – und damit die Strukturen und das Bewusstsein für den subjektiven Faktor der Revolution zu schaffen. Doch wie kann Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit praktisch aussehen? Diese Frage ist vom heutigen Stand der deutschen kommunistischen Bewegung aus nicht einfach zu beantworten.

Das Übel des Klassenverrats in den Gewerkschaften

Viele Arbeiterinnen und Arbeiter sind heute politisch unorganisiert oder in sozialdemokratische Organisationen und Parteien wie die SPD oder die Linkspartei eingebunden. Viele sind keine Gewerkschaftsmitglieder und haben daran auch gar kein Interesse, viel zu wenig Sinn erkennen sie in diesen Organisationen, denn viel zu selten handeln Gewerkschaften in ihrem Interesse. Warum ist das so? Ein wesentlicher Grund dafür besteht darin, dass sowohl in der Führung als teilweise auch in der Basis der DGB-Gewerkschaften die Sozialpartnerschaft, also die Vorstellung, man könne die besten Resultate erzielen, wenn man mit dem Kapital kooperiert, weit verbreitet ist. „Geht es der deutschen Industrie gut, so geht es auch uns gut“ ist das Mantra.

Faktisch befinden sich die DGB-Gewerkschaften fest im Griff der Sozialdemokratie und solange das so bleibt, ist der Klassenkompromiss vorprogrammiert. Ablesbar ist das zum Beispiel an den aktuellen Tarifabschlüssen des öffentlichen Diensts oder der Post, wo die kämpferische Stimmung und die Streikbereitschaft der Kollegen und Kolleginnen durch ver.di gebremst und beendet wurde. Das Ergebnis ist beispielsweise im öffentlichen Dienst mit einer Zahlung von 3000 Euro und einer Lohnerhöhung um 5,5% im Jahr 2024 nicht einmal ein Ausgleich der Inflation der letzten drei Krisenjahre. Ob die 5,5% im kommenden Jahr die Inflation dann ausgleichen können, ist ungewiss. Man könnte viele andere Beispiele aufzählen.

Die Ideologie des Klassenkompromisses bekämpfen

Die DGB-Gewerkschaften erinnern also heute mehr an einen Außenposten des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales als an proletarische Kampfstrukturen gegen die Gewalttaten des Kapitals. Aber sollten wir deshalb den Kampf vorschnell aufgeben und ihnen den Rücken zukehren?

Ganz im Gegenteil. Erstens organisieren die DGB-Gewerkschaften in Deutschland immer noch gut 5,6 Millionen Menschen, immerhin mehr als 12% aller Erwerbstätigen. Damit sind sie trotz Mitgliederverlusten mit Abstand die größten und breitesten Massenorganisationen in Deutschland und das obwohl sie Teile der Klasse größtenteils ignorieren (Erwerbslose, Geflüchtete, Schülerinnen,…). Zweitens finanzieren sie sich aus Mitgliedsbeiträgen und sind nicht auf Unterstützung durch den Staat angewiesen. Drittens sind sie prinzipiell demokratisch aufgebaut. In der Praxis werden diese demokratischen Prozesse zwar immer wieder untergraben und momentan gibt es noch zu wenig Mitglieder an der Basis, die diese Rechte wahrnehmen und durchsetzen. Trotzdem handelt es sich um Kämpfe, die gewinnbar sind, der Arbeiterklasse somit ihre Kraft vor Augen führen können und dabei auch das Bewusstsein über den Opportunismus der aktuellen Gewerkschafts-Organisation schärfen. Viertens sind sie gemäß Statut Einheitsgewerkschaften, in denen die Arbeiterinnen und Arbeiter sich unter dem Banner ihrer gemeinsamen Interessen unabhängig von ihrer Weltanschauung organisieren.

Objektiv hat die Arbeiterklasse nach wie vor ein gemeinsames Interesse und sie braucht einheitliche Organisationen, in denen sie für dieses Interesse kämpft: Was sie vereint, ist die Ausbeutung durch das Kapital. Die Arbeiter brauchen Schulen des Klassenkampfes. Orte, an denen der Klassenwiderspruch sich nicht in Fremdbestimmung, Demütigungen und Druck durch die Manager im eigenen Betrieb zeigt, sondern an denen sie sich des Klassenwiderspruchs positiv bewusst werden: Wir sind eine Klasse, uns trennt weder Nationalität noch Geschlecht, wir haben unsere Interessen gegen die der Kapitalisten durchgesetzt und können es wieder tun, bis wir sie ganz davonjagen.

Internationale Kämpfe wie in Frankreich gegen die Verlängerung der Lebensarbeitszeit oder die Massenstreiks in Schulen, Krankenhäusern und dem Nah- und Fernverkehr in England machen Mut. In beiden Ländern versuchen die Regierungen eine Verschärfung des Streikrechts durchzusetzen: In Großbritannien sollen Gewerkschaften gezwungen werden, auch bei Streiks eine Mindestbesetzung von Personal in Krankenhäusern und Schulen zu gewährleisten, darüber hinaus soll es erschwert werden, einen Streik zu beschließen. Bereits letztes Jahr waren erstmalig Polizei und Militär für den Streikbruch beim Grenzschutz und im Rettungsdienst eingesetzt worden, darüber hinaus dürfen Unternehmen jetzt den Streikbruch per Leiharbeit organisieren.

Es zeichnet sich ab, dass in den nächsten Jahren solche Kämpfe an Frequenz und Eskalation zunehmen werden. Die zunehmende Verarmung der Arbeiterklasse muss vom deutschen Kapital vorangetrieben werden, um den ökonomischen Krisentendenzen entgegenzuwirken.

Klarheit – Einheit – Organisation

Die Arbeiterbewegung hat vor gut dreißig Jahren eine deftige Niederlage eingesteckt. Nicht nur schwang die Konterrevolution ihre Abrissbirne durch die sozialistischen Gesellschaften der DDR, der Sowjetunion und der osteuropäischen Länder und zerstörte den jahrzehntelangen sozialistischen Aufbau. Auch in der kapitalistischen BRD beschleunigte die Niederlage den Zerfall zahlreicher Organisationen, die sich den Sozialismus und den Kommunismus auf ihre Fahnen geschrieben hatten und den Niedergang klassenkämpferischer Positionen überhaupt. Heute schauen wir uns um und finden fast keine eigenständigen, klassenbewussten Organisationen der Arbeiterklasse mehr.

Wir wollen nicht so tun, als würde die KO in den Gewerkschaften momentan eine große Rolle spielen. Es ist definitiv eine Schwäche, dass wir nicht dazu in der Lage sind, präsenter zu sein. Wir sind zwar in Betrieben und Gewerkschaften aktiv, aber ohne eine kommunistische Partei im Rücken halten wir es für unmöglich, größere Geländegewinne in den Gewerkschaften zu machen. Wir brauchen eine Organisation der Revolutionärinnen und Revolutionäre, in der die Erfahrungen zusammenfließen und ausgewertet werden – und die orientierend wirken kann. Eine solche Kampforganisation, die den Anforderungen des Klassenkampfs gerecht werden kann, existiert heute nicht. Deshalb gilt es, sie aufzubauen. Und das werden wir gemeinsam tun.

Um dieses Ziel zu erreichen, um in Deutschland endlich wieder eine kommunistische Partei zu schaffen, die diesen Namen verdient, die auf der Grundlage einer revolutionären Strategie und des Marxismus-Leninismus die verschiedenen Kämpfe zusammenführt, die die Organisierung der Arbeiterklasse als ihre zentrale Aufgabe begreift und eines Tages in der Lage sein wird, in einer revolutionären Situation die Machtübernahme der Arbeiterklasse anzuführen, wollen wir mit verschiedenen Teilen der schwachen und zersplitterten kommunistischen Bewegung ins Gespräch kommen. Wir wollen unsere Analysen und Vorschläge zur Erreichung dieses Ziels zur Diskussion stellen. Wir wollen uns dabei selbst nicht überhöhen, sondern auch über unsere eigenen Mängel sprechen und über die Aufgaben, die noch vor uns liegen, um diese Mängel zu überwinden.

Auch ein Teil der kommunistischen Bewegung hat diese Notwendigkeit erkannt und die Diskussion zur Frage neu aufgenommen, wie eine marxistisch-leninistische Partei auf einer einheitlichen ideologischen Grundlage und Massenverankerung aufgebaut werden kann. Die Zersplitterung der deutschen kommunistischen Bewegung muss überwunden werden – Gefahren sind dabei allerdings, sich aus ideologisch weit auseinanderliegenden Strömungen zusammenzuschließen, denn dann wären Konflikte und Spaltungen vorprogrammiert. Wir möchten deshalb gemeinsam eine ernsthafte Diskussion über die Konzeption der kommunistischen Partei und den Weg dahin führen. Als Kommunistinnen und Kommunisten müssen wir die Tendenzen, sich in einer „roten Identität“ wohlzufühlen überwinden und die Tuchfühlung mit den breiten Massen aufbauen. Dazu gehört auch, dass die Außenwirkung von Kommunisten klare Inhalte vermitteln sollte und die gesamte Arbeiterklasse ansprechen, anstatt nur einen Teil (der Szene) mit entsprechenden Aktionen. Letztendlich werden wir breitere Massen nur durch eine langfristige Massenarbeit und öffentlich sichtbare Praxis erreichen und organisieren können. Und schließlich wäre es ein tödlicher Fehler, die Bedeutung der revolutionären Theorie, d.h. einer klaren revolutionären Programmatik, einer wissenschaftlichen Analyse der heutigen Verhältnisse sowie unserer Geschichte, aber auch einer soliden marxistischen Bildung innerhalb der kommunistischen Bewegung zu unterschätzen.

Wir werden vom 3.-8. August unser bundesweites Sommercamp in NRW organisieren, auf dem wir zu diesen und vielen anderen Fragen der heutigen Bewegung gemeinsam mit Genossinnen und Genossen anderer kommunistischer Gruppen, aber auch internationalen Gästen aus verschiedenen Ländern diskutieren und Freizeit verbringen wollen. Bei Interesse meldet euch gerne bei der KO-Ortsgruppe in eurer Nähe – wir freuen uns auf euch!

Heraus zum Kampftag der Arbeiterklasse! – Klassenkampf statt Kompromisse!

Es lebe die internationale Solidarität des Proletariats!

Nieder mit dem Kapital!

Für den Aufbau einer Kommunistischen Partei! Gegen Ausbeutung, Krisen und Kriege – Für den Sozialismus!

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